zum zitierten Beitrag
Zitat von Claas5620
Ich stand Anfang des Jahres vor der selben Frage, habe mich aufgrund von Sound und Fahrgefühl dann für die Dyna entschieden. Probier also beides aus, dann wirst es schon merken.
Was du bei der Dyna beachten solltest, ist dass die Zulassung sowohl für Auspuff als auch für den Luftfilter sich immer auf den Serienzustand bezieht. Soll heißen wenn es nicht in Kombination eingetragen ist, könnte es bei der nächsten HU und/oder Kontrolle zur Diskussion führen.
Habe mit der letzten Dyna Lowrider (MJ 14 -16) zwei Touren zur Custom Bike Show nach Norrtälje (nordöstlich von Stockholm) als weiteste gemacht, ansonsten „kleinere“ Trips über mehrere Tage
Harz
Monthlery Café Racer Treffen
Palavas Les Flots und Cevennen
Norrtälje 2019
Villa Löwenherz + Harz
Südvogesen zweimal 2020 und 2022
Thüringer Wald
Norrtälje 2023
Ich benutze die Dyna LR vorwiegend auf nun mittlerweile 38000 km Langstrecken, für Runden um die Skyline nutze ich meine XL, weil ich die dafür authentischer finde.
Auf keiner dieser Touren habe ich irgendwas vermisst, was mir nur eine M8-Softail bieten könnte. Kräftige Vibrationen im A… hat die Dyna nur bei Vollgasbeschleunigung im 6.Gang aus niedrigsten Drehzahlen und das ist authentisch. Wer es nicht mag, kann stattdessen nahezu vibrationsfrei durch die 6 Gänge schalten.Auf langen Autobahnstrecken fühlt man im lang übersetzten 6. Gang („Overdrive-Auslegung“) zwischen konstant 2500/min i.e. 110 kaemmha und konstant 3500/min i.e. 150 kaemmha i.e. Drehmomentmaximum überhaupt keine Vibrationen. Lass Dir also nicht einreden, mit einer Dyna zu verreisen wäre unkomfortabel, denn alles ab 150 kaemmha ist auf einer HD wegen des aufrechten Sitzens ohne an Dich speziell angepasste Tourerwindschutzscheibe (!) (der gefühlte Forumsdurchschnitt liegt bei 7 durchprobierten Scheiben, bis es gepasst hat

) wegen des Winddrucks ohnehin auf Dauer unkomfortabel.
Ein von den Softail-M8 Fahrern gern unterschlagener oder mangels Reiseerfahrung gar nicht gewusster erheblicher Nachteil ist auf dem angehängten Foto 3 zu sehen: Bei der Dyna ist der OEM-Gepäckträger inclusive Sissy Bar so hoch ausgeführt, dass er sogar noch über das welteinzigartige hoch aufragende deutsche Nummernschild passt.So lässt sich z.B. mit dem gezeigten Set auf Sozius und Gepäckträger soviel Gepäck wie auf einer E-Glide verstauen (Fotos 1 + 2).
Bei der M8-Softail kannst Du diese Möglichkeit vergessen. Für die M8-Lowrider 107 cui. hatte der Freundliche für einen Kumpel das gleiche „Gepäckträger mit Sissybar“ - Set bestellt. Es hätte sich bei einem nichtdeutschen also niedrigeren Nummernschild auch montieren lassen, allein der Abstand zwischen OEM-Gepäckträger und Nummernschildhalter war von TC-Dyna auf M8-Softail so geschrumpft, dass das hohe deutsche Nummernschild nicht mehr unter den Gepäckträger passte. Der Kumpel konnte sein Gepäckproblem auf einer M8-Softail LR nicht befriedigend lösen und denkt jetzt über einen Tourer nach ….
Du musst Dir, wie die Vorgänger hier schreiben, tatsächlich überlegen, ob Du nicht doch iwann Lust auf eine mehrtägige Tour bekommst. Dazu muss das Profil Deiner Maschine passen. Von MJ1970 bis MJ2016 hatten die drei klassischen HD-Familien folgendes Profil:
- Superglide, ab 1991 in Dynaglide umgetauft: Nonkonformist, oft Clubmitglied und will mit chopperartiger Maschine mit dem Club trotzdem zu Run‘s fahren können, daher muss die Maschine trotz Chopperoutfit viel Gepäck mitnehmen können. Große Tourer wurden damals laut Sonny Barger‘s Erinnerungen als „garbage waggons“ für angepasste Spießer missachtet und waren nicht nur für langstreckige Clubruns ein NoGo.
- Softail ab 1984: Angebot für „Poser“ (nicht bös gemeint), die Sonntags eine Runde um den Kirchturm fahren und wenn überhaupt, dann mit SKS-Shuttle verreisen, die den klassischen Starrahmenlook wollen, ohne sich mit einem extrem Bandscheiben malträtierenden Original Chopperkonstrukt a‘la Easy Rider herumzuquälen (bei mir hieß das damals in der Saison: abwechselnd ein WE fahren und das folgende WE schrauben: Eine Fahrt 1990 über die Landstraßen nach Berlin erforderte in Berlin eine neue Steckachse samt Mutter hinten und auf dem Rückweg sprang ständig der vierte Gang raus und das Kickerritzel rutschte bisweilen äußerst schmerzhaft durch) . Nach solchen Erfahrungen sind viele ehemalige Starrahmenfahrer auf die rundum vergleichsweise problemlose EVO-Softail umgestiegen, deren Hauptnachteil wie bei den TC-Softails die niedrige Bodenfreiheit ist. Mit den originalgetreuen Hauptabmessungen des Rahmens wie bei den Starrahmen ist HD wohl etwas übers Ziel hinausgeschossen, was die beiden Baureihen gemeinsame übliche Eindrückung der Unterzüge schön belegt.
- M8-Softail: Seit M8 will aber Herr Zeitz nicht mehr, daß man auf einer günstigeren Baureihe als den Tourern verreisen kann. Er will die Langstreckenfahrer auf seine hochpreisigen „Premium-Tourer“ lotsen, oder soll ich sagen „zwingen“. Das siehst Du daran, dass
- Zeitz die reisetauglich konzipierte und günstige Dynafamilie für Vielfahrer ersatzlos eingestellt hat
- Du hier im Forum wenig bis nichts über die Lösung des Gepäckproblems bei M8-Softails findest (die Modelle mit Koffer sind zwar chic, aber nur weil die Koffer im Vergleich zu beispielsweise BMW winzig sind, damit sie gut aussehen). Ich habe hier im Forum auch schon Softailheckfender gesehen, die unter der Last des Gepäcks auf dem darauf verschraubten Gepäckträger regelrecht „eingebrochen“ waren. Auch dieser Gepäckträger ist mit seinem 50er-Jahre-Look nur „for Show“ gedacht, will heißen, der Fender darunter trägt keine hohen Punktlasten.
- der technische Vorteil ist hingegen eindeutig die höhere Kurvengeschwindigkeiten ermöglichende größere Bodenfreiheit.
Die größte Bandbreite an Möglichkeiten im Verhältnis zu den Anschaffungskosten hast Du mit einer Dyna, sowohl was Auspuff („nur“ €3: ab €4 erheblich restriktiver) als auch Gepäcktransport betrifft. Falls Du der Millenium-Generation oder gar GenZ angehören solltest, sind natürlich die technisch glattgelutschten schneller durch die Kurven gehenden M8-Softails verführerisch. Für‘s Selbermachen von so simplen Instandhaltungen wie Batteriewechsel oder Zündkerzenwechsel brauchst Du aber länger als bei einem modernen verbauten Japaner, während der Batterietausch im klassischen seitlich zugänglichen Batteriefach der Dynas in höchstens drei Minuten bewerkstelligt ist, während beim M8 für den Wechsel der rechten der vier Zündkerzen der Tank angehoben, wenn beim FAT Bob Tank nicht gar abgebaut werden muss. Für einen Poser mit seiner geringen Jahresfahrleistung immer in Reichweite des ADAC ist das irrelevant. Wenn Du allerdings doch irgendwann mal die Lust auf‘s Reisen verspürst, wirst Du wohl mehrere Batterie- und Zündkerzenwechsel im Lifecycle Deiner Dyna bewältigen müssen. Das Profil des „GenZ-oder Millenium-Posers“ sieht für solche seltenen Arbeiten folgerichtig einen Termin beim Freundlichen vor. Es werden jetzt sicher die üblichen Posts kommen, wie einfach das doch alles beim M8 wäre, aber keiner wird wahrheitswidrig behaupten können, dass es so einfach wie beim TC, weil eben noch einem echten Klassiker, wäre. Lass Dich von solchen Schönrednereien der eigenen Kaufentscheidung nicht kirre machen und bedenke, dass Du Harley-Einsteiger bist, der wahrscheinlich keine profiartige Harley-Hobbywerkstatt und schon gar nicht das nötige Wissen haben wird.

Da wirst Du für jede Unterkomplexität dankbar sein.
Fazit: Letztendlich kannst nur Du wissen, welches dieser Profile Deines matcht. Lass Dich von meinem Begriff „Poser“ dabei nicht abschrecken. Ich will damit niemanden beleidigen. Der Begriff „Poser“ bringt es halt nur kurz und bündig auf den Punkt, dass die Softails auf das Profil eines „Harleybesitzers“ ausgelegt sind, während die Dynas noch auf das Profil eines „Harleyfahrers“ ausgelegt waren, was heute in der ausklingenden Zeitz-Ära nur noch für die Tourerfamilie gilt.
Nachtrag: Für die TC‘s gibt es übrigens auch noch deutsche WHB, ab M8 nur noch englische…